Im Vorjahr konnte ein All-Season-Reifen beim Test die Note „gut“ einfahren, in diesem Jahr wurde diese Note gleich viermal vergeben. „Allerdings hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr auch die Anzahl der mit ‚nicht genügend‘ bewerteten Reifen von zwei auf vier verdoppelt“, erklärt ÖAMTC-Reifenexperte Steffan Kerbl. Mit dem Gesamturteil „gut“ schnitten die Modelle Goodyear Vector 4 Seasons Gen-3, Continental AllSeasonContact 2, Pirelli Cinturato All Season SF3 und Bridgestone Turanza All Season 6 ab. Ein „nicht genügend“ gab es für die Modelle CST Medallion All Season ACP1, APlus AS909, Arivo Carlorful A/S sowie Petlas Multi Action PT565.
Große Unterschiede zeigten sich im Test im Bereich der Fahrsicherheit, etwa beim Bremsweg aus Tempo 100 auf trockener Fahrbahn. Der Pirelli Cinturato All Season SF3 kam als Bester nach rund 38 Metern zum Stillstand, während der Barum Quartaris 5 rund 7,5 Meter mehr benötigte. „Während der Pirelli bereits steht, zeigt der Tacho beim Barum noch 40 km/h an“, verdeutlicht Kerbl. Ähnlich das Bild auf nasser Fahrbahn: Der Continental AllSeasonContact 2 kam nach 31,3 Metern zum Stillstand, während der Arivo Carlorful A/S rund 11,5 Meter mehr benötigte. „Das ist schon ein enormer Unterschied. Der potenzielle Schaden aufgrund des längeren Bremswegs könnte enorm sein“, so der ÖAMTC-Techniker.
Bremsen auf Schnee für fast alle kein Problem
Weniger gravierend waren die Unterschiede beim Bremsweg auf schneebedecktem Untergrund – dort gab es nur einen negativen Ausreißer nach unten. In dieser Wertung lagen der Nexen N’Blue 4Season und der Barum Quartaris 5 in Front, 13 weitere Modelle lagen maximal 80 Zentimeter dahinter, während der Petlas Multi Action PT565 ganze 12,5 Meter mehr bis zum Stillstand benötigte.
Überraschend für Kerbl war der Umstand, dass fast alle Reifen mit guten Eigenschaften bei Schnee und Nässe eine prognostizierte Laufleistung von 50.000 Kilometer erreichen und damit weiter fahren als die Reifen mit den schlechteren Eigenschaften. Denn generell steht die Leistungsfähigkeit der Reifen auf trockener, nasser und winterlicher Fahrbahn im Konflikt mit der Laufleistung des Reifens. Die guten Reifen könnten diesen Konflikt lösen, die weniger guten eben nicht, lautet seine Zusammenfassung.
Die Reifen mit der Note „befriedigend“, unter anderem Michelin Crossclimate 2, Dunlop All Season 2, BF Goodrich Advantage All-Season und der Viking FourTech Plus, zeigten keine gravierenden Schwächen und könnten laut den Testern eine sinnvolle Alternative zu den Top-Modellen sein.
Keine Empfehlung für acht Modelle
Die mit „genügend“ bewerteten Modelle, Vredestein Quatrac Pro+, Barum Quartaris 5, Nexen N’Blue 4Season 2 und Superia Ecoblue2 4S, wiesen bei mindestens einem Hauptkriterium deutliche Mängel auf und sind für die Tester ebenso wenig empfehlenswert wie die mit einem „nicht genügend“ bedachten Modelle. „Der aktuelle Test zeigt ambivalente Entwicklungen. Einige Ganzjahresreifen verbessern sich deutlich und können für Wenigfahrer eine echte Alternative darstellen. Gleichzeitig wächst aber die Qualitätsspanne innerhalb der Produktgruppe“, so Kerbl abschließend.
Keine einzige Empfehlung für All-Terrain-Reifen
Einige Wochen vor den Ganzjahresreifen haben der ÖAMTC und seine Partner auch All-Terrain-Reifen einem umfassenden Test unterzogen. Fazit: Die Tester raten von der Verwendung dieser Reifen auf der Straße gänzlich ab. Gerne werden All-Season, Allwetter- und All-Terrain-Reifen verwechselt – mit dem Ergebnis, dass viele Konsumenten diese für Heilsbringer in allen (Wetter-)Situationen halten. Das ist aber weit gefehlt: „Das Profil von All-Terrain-Reifen soll einerseits Geländetauglichkeit bieten, andererseits das sichere Fahren auf befestigten Straßen ermöglichen. Ein aktueller Test mit acht Modellen der Dimension 225/65 R17 106V zeigt: Dieses Produktversprechen wird nicht erfüllt“, schreiben die Tester. So ist keines der getesteten Modelle an den als Referenz genommenen Ganzjahresreifen herangekommen, erklärt Kerbl: „Vor allem beim Bremsen auf nasser Fahrbahn haben wir teilweise eklatante Schwächen festgestellt. Eine ausdrückliche Empfehlung gibt es damit für keinen der getesteten All-Terrain-Reifen.“
Die schwache Leistung auf asphaltierten Straßen spricht somit eindeutig gegen die Verwendung von All-Terrain-Reifen im Straßenverkehr.
In Teilbereichen ebenbürtig bzw. überlegen
Hinsichtlich Traktion und Haltbarkeit sind All-Terrain-Modelle sowohl Ganzjahres- als auch Sommerreifen ebenbürtig, in manchen Fällen sogar überlegen. „Wer also tatsächlich öfters längere Touren in entlegene Gebiete mit unbefestigten Straßen plant, sollte allein schon wegen der Pannensicherheit die robusten All-Terrain-Reifen in Betracht ziehen.“