Bisher hatte die Konstruktion neuer Autos den Nimbus des Kathedralenbaus im späten Mittelalter. Damals ritterte man darum, wer den größten, schönsten und imposantesten Dom baut. Und ein paar Jahrhunderte später kämpften Autokonzerne um das Prestige, das schnellste, eleganteste, imposanteste Auto vom Reißbrett auf die Straße zu bringen. Die Energiewende hat diesem Nimbus ein Ende bereitet. Die Autokonstruktion wurde entzaubert. Bei der Zulieferindustrie sind alle fürs Auto nötigen Komponenten halbfertig aus dem Katalog bestellbar. Auf der jährlichen AMTS (Automotive Manufacturing Technology & Material Show) im Juli in Shanghai wird alles angeboten, was von der Blechverarbeitung über den Maschinenbau bis hin zur Batteriefertigung und Elektronik für Entwicklung, Produktion und Testen neuer Autos erforderlich ist. Das Angebot muss von den Herstellern nur noch für konkrete Kundenwünsche adaptiert werden.

Durch den Umstieg auf die Elektromobilität wurde die Elektronik zum Gamechanger. Wer kann kostengünstiger die fürs Auto notwendigen Halbleiter-Systeme in seinen Konstruktionsplan integrieren? Die Programmier-Nerds als Handwerker der Computertechnik haben den Kfz-Mechanikern als Handwerker der Verbrenner-Technologie den Rang abgelaufen. Herkömmliche Autokonzerne zahlen dreistellige Millionen-Beträge, um mit jungen Start-ups der IT-Branche ihre eigene Technologie aufzurüsten. Der „Lohner-Porsche“ im „fahr(T)raum“ in Mattsee hat schon 1899 gezeigt, auf was es beim E-Auto ankommen wird. 50 batteriegetriebene Kilometer konnte er erreichen. Bei Studium dieses ersten Hybrid- und Allradfahrzeugs der Welt wird klar, welches Verständnis ein Konstrukteur auch heute aufbringen muss, um ein gutes E-Auto zu bauen. 

1900 waren bereits 30.000 E-Fahrzeuge in den USA unterwegs, in 128 Städten existierte ein Netz von Ladestationen. Doch der Wettlauf um die bessere Antriebsart war noch nicht entschieden. Ferdinand Porsche erkannte frühzeitig, dass es bei seinem elektrischen Radnabenantrieb in Zukunft mit den dafür erforderlichen Batterien große Probleme geben wird. 

Somit übernahmen statt Elektrotechniker nunmehr Maschinenbauer das Ruder. Der an der Mechanik interessierte Henry Ford hat mit dem ersten Fließband und der ersten Großserien-Fertigung von Verbrennungsmotoren – für den schwarzen „Ford T“ – den Automarkt aufgerollt, die industrielle Produktion revolutioniert. 15 Millionen Stück wurden davon gebaut. Der Ford T eroberte bis 1918 einen US-Marktanteil von 50 Prozent. Die mit Otto--Motoren experimentierende Westinghouse Corporation und die ebenfalls von der Elektrotechnik und dem E-Antrieb kommende Edison Illuminating Company wurden aus dem Markt gedrängt. 

Durch die derzeitige Transformation kamen als Folge der leichten Komponentenverfügbarkeit neue, sich technologisch kaum zu unterscheidende Marken auf den chinesischen Markt. 2025 werden für diesen 33 Millionen Stück prognostiziert. Im Wettbewerb der mehr als 100 (!) chinesischen Anbieter orten Branchenkenner ein baldiges „Blutbad“, da alle ums Überleben kämpfen.

Als Ausweg drängen immer mehr in den Export, um dort ihre derzeitige Überproduktion loszuwerden. Auf der Automechanika in Shanghai im November (7.000 Aussteller) kann man sich vielleicht einen Überblick verschaffen, wer und was im Aftersales Chancen hat, von China nach Europa zu gelangen. Wie schnell Mechaniker auf Elektroniker umsatteln müssen, um in der Welt von morgen im Geschäft noch mit dabei zu sein.