Für so manchen Kfz-Unternehmer ist die Elek-tromobilität der größte Feind der Werkstätten, weil sie das so wichtige Ölgeschäft gefährdet. Obwohl viele Arbeiten bleiben und sich auch neue Tätigkeiten, wie etwa der Tausch der Akku-Kühlflüssigkeit, ergeben, ist dieser Aspekt nicht zu leugnen. Dennoch ist der elektrische Weg vorgezeichnet.
Das beleuchtet auch das aktuelle Fokus-Thema in AUTO & Wirtschaft 6/2025, dem dieses Öl-Spe-cial beigelegt ist. Im Pkw wird sich der batterieelektrische Antrieb langsam, aber sicher durchsetzen. Alternative Kraftstoffe werden beim Pkw eher als Beimischung für die Bestandsflotte denn als komplett klimaneutraler Treibstoff im Neuwagen eine Rolle spielen. Aber sie können – als E-Fuels sowie als Biokraftstoffe inklusive HVO – dabei helfen, den Bestand klimafreundlicher zu machen. Und damit sind wir beim Thema: Obwohl in den vergangenen Jahren die Neuzulassungen deutlich zurückgegangen sind, ist der Fahrzeugbestand deutlich gewachsen.
Für die Kfz-Betriebe gibt es zwei wesentliche Entwicklungen. Der Hochlauf der Elektromobilität erfolgt stetig, aber vergleichsweise langsam. Noch immer verfügen (Stand 2024) 82,4 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge über einen Verbrennungsmotor. Das sichert – bei der langen Lebenserwartung der Fahrzeuge – noch auf viele Jahre hinaus das Potenzial für Öl- und Getriebeölwechsel, vor allem in den freien Werkstätten. Bei Werkstätten mancher Marken – auch das muss erwähnt werden – sind freilich erste Rückgänge spürbar.
Hybrid: E-Auto mit Ölwechsel
Doch Verbrenner ist nicht gleich klassisch Benzin und Diesel: 49,5 Prozent der 2024 neu zugelassenen Pkw haben einen „alternativen“ Antrieb. In der Grafik ist das starke Wachstum der Hybrid-Fahrzeuge zu sehen. Zwar entfällt hier der Löwenanteil auf Mild-Hybride, aber auch Vollhybrid- und Plug-in-Hybrid-Modelle sind stark im Aufwind, und bei diesen beiden muss die Werkstätte über Hochvolt-Erfahrung verfügen. Etwa überzeichnet könnte man also sagen: ohne Hochvolt-Kompetenz zukünftig deutlich weniger Öl- und Getriebeölwechsel.
Gewaltiges Wachstum beim Bestand
Der Bestand insgesamt ist gewachsen, und zwar bei Pkw, Zweirädern und Lkw. So lag der Pkw-Bestand 1990 noch knapp unter 3 Millionen, 2000 wurde die 4-Millionen-Grenze überschritten, 2019 waren es dann erstmals über 5 Millionen Pkw. Der Bestand ist aber auch in den Neuzulassungs-schwachen Corona-Jahren stark gestiegen, 2024 waren es bereits 5.231.000 Pkw.
Was heißt die Bestandsentwicklung für die Antriebe? Die Zahl der Pkw mit Dieselantrieb hat zuletzt um
2,9 % auf 2,51 Mio. abgenommen, bei Benzinern hat es einen leichten Rückgang von 0,1 % (2,19 Mio.) gegeben. Trotz der Rückgänge halten konventionell angetriebene Pkw immer noch einen Anteil von rund 90 % (Benzin: 41,8 %; Diesel: 48,0 %) am Gesamtbestand.
Alternativ angetriebene Pkw haben 2024 erstmals die Marke von 500.000 Zulassungen (535.294; Anteil: 10,2 %) überschritten. Dabei waren 200.603 Elektro-Pkw (+29,0 %; Anteil: 3,8 %), 257.588 Benzin-Hybride (+31,8 %; Anteil: 4,9 %) und 72.347 Diesel-Hybrid-Pkw (+30,3 %; Anteil: 1,4 %) aufrecht zugelassen.
Automatikgetriebe-Boom
Ein ganz wesentliches Potenzial bieten Automatikgetriebe, die in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt haben. War das Automatikgetriebe lange Zeit eher größeren und teureren Autos vorbehalten, erleben wir nun eine Durchdringung bis fast in die kleinsten Fahrzeugklassen, der Anteil ist quer über alle Modelle stark gestiegen. Einige Volumensmodelle, etwa VW Tiguan oder VW Passat, sind gar nicht mehr mit Schaltgetriebe zu bestellen, bei den stark wachsenden Hy-brid-Antrieben gehört die „Automatik“ ohnehin dazu.
Zwischen Marke, frei und DIY
Das Match um die Reparatur- und Service-Aufträge bleibt freilich spannend. Markenwerkstätten punkten mit immer professionellerer Kundenbindung und der Kompetenz bei immer komplexeren Fahrzeugen. Gleichzeitig geht die Schere zwischen Kaufkraftverlust und steigenden Kosten hier am stärksten auseinander. Freie Werkstätten können mit Mehrmarken-Kompetenz und attraktiveren Stundensätze samt Zeitwertreparaturen ihre Vorteile ins Spiel bringen. Für den Do-it-yourself-Bereich und die Nachbarschaftshilfe wird es dafür immer schwieriger, die hohe Komplexität der Fahrzeuge zu beherrschen. Potenzial für die professionellen Betriebe ist also noch lange vorhanden.