2 Jahre lang haben deutsche Experten den europäischen Ersatzteilmarkt
untersucht. Ihr Fazit: Sinkende Margen, steigende Kosten und die
zunehmende Internationalisierung werden zu einer Strukturbereinigung
führen.
Rund 155 Milliarden Euro werden jährlich am europäischen
Ersatzteilmarkt umgesetzt. Rasante Zuwächse gibt es jedoch nur mehr
in Regionen mit historisch bedingtem Nachholbedarf, etwa in Russland
und der Ukraine. "In den Volumenländern Westeuropas, die durch eine
hohe Wettbewerbsdichte im Teilehandel und ein Überangebot von
Werkstätten gekennzeichnet sind, gerät der Aftermarket zunehmend
unter Druck", lautet eine Kernaussage der soeben von Wolk Aftersales
Expertes veröffentlichten Studie "The Car Aftermarket in Europe
2012".
Schwieriges Umfeld
"Verbesserte Qualitäten, sinkende Kilometerleistungen sowie steigende
Autokosten lassen die Absätze trotz wachsender Pkw-Bestände
schrumpfen", meint Helmut Wolk, Geschäftsführer des
Beratungsunternehmens. Davon sei vor allem der klassische
Verschleißteilebereich betroffen. Wenn es in Westeuropa dennoch
"kleine wertmäßige Zuwachsraten in der Größenordnung von jährlich 1
bis 2 Prozent" gebe, seien diese ausschließlich auf komplexere und
somit teurere Produkte zurückzuführen.
"Kunde hat Marktmacht"
Während der westeuropäische Markt stagniert, buhlen unverändert viele
Teilehändler um die Gunst der Kunden. Die Folge sei ein "extremer
Wettbewerb" samt "fortschreitendem Preis-und Margenverfall", sagt
Senior Consultant Zoran Nikolic: "Durch die große Zahl
leistungsfähiger Teilegroßhändler, die sich mit umfangreichen
Serviceangeboten bei ihren Werkstattkunden bewerben, ist der
Ersatzteilemarkt ein Käufermarkt geworden. Der Kunde hat die
Marktmacht, nicht der Lieferant." Das zeige sich beispielsweise an
den zahlreichen Werkstattkonzepten, bei denen "Aufwand und
Einkaufsloyalität oft nicht mehr in einem kausalen Zusammenhang
stehen" würden.
Markt im Wandel
Wolk und Nikolic diagnostizieren einen "reinen
Verdrängungswettbewerb". Die besten Karten hätten dabei die
wachsenden internationalen Großhändler oder aber jene Firmen, die
ihre Prozesse rechtzeitig in grenzüberschreitende
Einkaufsgemeinschaften integrieren. Zudem gehen die Experten davon
aus, dass sich künftig Markenautohändler stärker im unabhängigen
Teilegeschäft engagieren werden: Aktuelle Beispiele dafür seien die
Autohandelsgruppen Dello und Emil Frey. "Die Grenzen zwischen dem
gebundenen und unabhängigen Teilemarkt werden zunehmend
verschwinden", heißt es in der Studie.
Trotz dieses wachsenden wirtschaftlichen Drucks haben Wolk und
Nikolic bei ihren Untersuchungen aber eine befremdliche Erfahrung
gemacht: "Die Masse der Aftermarket-Teilnehmer reagiert am Point of
Sale zu passiv und setzt zu wenig proaktive Vermarktungs-Impulse."
Das zeigt, dass es für aktive Unternehmer auch am umkämpften
Teilemarkt noch so manche ungenützte Geschäftschance gibt.