Die Tatsache, dass einem schuldlos gekündigten Autohändler ein
Ausgleichsanspruch zusteht, hat sich schön langsam herumgesprochen.
Begründet wird das vom Obersten Gerichtshof damit, dass diese wie
Handelsvertreter in das Vertriebsnetz des Importeurs eingegliedert
sind (OGH Urteil 2Ob 692/89).
Doch -wer zahlt schon gerne? Deshalb
gibt es immer wieder Versuche, diesen Ausgleichsanspruch zu
bestreiten. Mit einigen dieser Argumente hat sich der OGH im Vorjahr
in seinem Urteil 4Ob 188/11t auseinander gesetzt.
Im konkreten Fall ging es nicht um Autos, sondern um Baumaschinen des
Fiat-Konzerns. Ein Geschäft, auf das der OGH die gleichen Grundsätze
wie für den Autohandel anwendet. Es werden den Händlern
Vertragsgebiete zugeteilt, die sie zu betreuen haben. Gebietsschutz
oder Kundenschutz wird jedoch keiner gewährt. Dem Importeur steht es
damit frei, Großabnehmer und ausgewählte Kundengruppenselbst zu
beliefern. 2004 wurden die Importeursagenden neu geregelt. "Im Zuge
dieser Umstrukturierung erfolgte eine neue Gebietsaufteilung, bei der
der Kläger nicht berücksichtigt wurde", gab es laut
Urteilsfeststellungen keine Vertragskündigung. Der Kläger bekam bloß
kein Prospektmaterial undkeine Preislisten, seine Kunden wurden
direkt vom neuen Importeur betreut. Worauf der Kläger von diesem
einen Ausgleichsanspruch für seine von 1991 bis 2004 dauernde
Tätigkeit forderte.
In erster Instanz blitzte er damit ab. Diese folgte den Argumenten
der Beklagten, dass sie bis zum Jahr 2000 Fiat Baumaschinen und
Traktoren -produziert mit Hitachi-Lizenz -unter der Marke
Fiat-Hitachi importiert habe. Die nunmehr produzierten Fahrzeuge
basieren aber auf einer Kobelco-Lizenz und werden von Fiat seit 2004
unter der Marke "New Holland" vertrieben. Hitachi-Baumaschinen gebe
es weiterhin, deren Verkauf werde aber direkt von Hitachi
organisiert. Die Beklagte "könne aus den vom Handelsvertreter neu
geschaffenen Kundenbeziehungen keine erheblichen Vorteile ziehen", da
sie nach dessen Ausscheiden die bisherigen Kunden mit völlig anderen
Produkten beliefere. "Allfällige frühere Stammkunden müssten daher
von einem neuen Hersteller erst neu überzeugt werden."
Das Oberlandesgericht Wien drehte das Urteil um. Für die dem
Importeur nach Ausscheiden des Händlers verbleibenden erheblichen
Vorteile "genüge es, dass Produkte jener Art und Verwendung verkauft
würden, für die der Handelsvertreter die Kunden neu geworben habe".
Änderungen des Zulieferanten oder Produzenten seien dabei
unerheblich. Es spieledaher keine Rolle, dass die von der Beklagten
importierten "New Holland"-Fahrzeuge jetzt in Konkurrenz zu den
Hitachi-Baumaschinen stünden.
Der vom Importeur angerufene OGH hat in diesem Zusammenhang nochmals
die rechtliche Grundidee des Ausgleichanspruches erläutert: Dem
Importeur bescheren die Aktivitäten seines Vertriebsnetzes einen
erhöhten Absatz. Aus dem werden die Provisionen -beim Vertragshändler
Handelsspannen -finanziert. An dem damit geschaffenen Kundenstamm
entsteht ein doppeltes Nutzungsverhältnis, aus dem beide Seiten
Vorteile ziehen. "Wenn nun der Vertrag endet, zerbricht dieses
doppelte Nutzungsverhältnis; sein Gleichgewicht wird zerstört." Da
die für die Marke gewonnenen Stammkunden regelmäßig beim Importeur
verbleiben, "hat nur dieser noch den Gewinn". Es entsteht aus diesen
-vom Vertriebspartner aufgebauten - fortdauernden
Geschäftsbeziehungen ein noch unvergüteter Wert. Der ist dem
Vertriebspartner, der damit einen Teil seiner Existenzgrundlage
verloren hat, zu vergüten. "Es ist in hohem Maße ein Gebot der
Gerechtigkeit, dies auszugleichen", stellt der OGH abschließend klar.
Daher scheitert der Ausgleichsanspruch weder an einer Umstellung des
Vertriebssystems noch durch Wechsel des Zulieferers. Klar gestellt
wurde neuerlich, dass die vom Importeur nach Vertragsende
abzugeltenden "erheblichen Vorteile" nur vom Stammkundengeschäft zu
erwarten sind. Dies sind Mehrfachkunden, die in einem
"überschaubaren" Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen
zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmen
abgeschlossen haben". Bei Wirtschaftsgütern mit längeren
Bestellintervallen -wie etwa Baumaschinen oder Autos -werden auch
Einmalkunden berücksichtigt, da "nach Vertragsende Wiederholungskäufe
zu erwarten sind".