Häupl: Bürgermeister der Stadt Wien Häupl, guten Tag!<br /><br />Schmiedl: Guten Tag, hier ist Schmiedl. Ich sollte die
Halteverbotsschilder liefern.
Häupl: Auf diese Schilder warten wir doch schon seit Wochen!
Schmiedl: Ich habe einen Parkplatz gesucht.
Häupl: Und haben Sie jetzt endlich einen gefunden?
Schmiedl: Ja, in Pressburg.
Häupl: Mein Gott, was tun Sie in Pressburg?
Schmiedl: Laut meinem Navigationsgerät war das hier der
nächstgelegene freie Parkplatz für Wien.
Häupl: Kommen Sie sofort zurück!
Schmiedl: Ich kann nicht. Mein Lastwagen wurde von der Polizei
konfisziert. Ich hatte zu wenig Geld, um die Schutzgebühr für den
Parkplatz zu entrichten.
Häupl: Dann gehen Sie gefälligst zum nächsten Polizeiposten und
fordern den Lastwagen zurück.
Schmiedl: Die wollen ihn nicht zurückgeben. Die Polizisten haben die
Paletten mit den blanko Strafzetteln entdeckt und sogleich
beschlagnahmt.
Häupl: Unsere Strafzettel? Die gehören zu den Verbotsschildern!
Schmiedl: Das haben die Polizisten hier auch gemerkt und sofort damit
begonnen, die Verbotsschilder aufzustellen und Bußgelder zu
kassieren.
Häupl: Was? Die Ladung ist bereits bezahlt, das heißt, die
Verbotsschilder sind Eigentum der Stadt Wien!
Schmiedl: Gratuliere! Die Stadt Wien besitzt jetzt sogar Halteverbote
in Bratislava.
Häupl: Gehen Sie sofort zum Polizeichef und fordern Sie die Ladung
zurück.
Schmiedl: Habe ich versucht. Aber das Taxi hat im Umkreis von
mehreren Kilometern um das Polizeiquartier keine Möglichkeit
gefunden, um anzuhalten und mich aussteigen zu lassen, da bereits
überall Halteverbotsschilder stehen.
Häupl: Mein Gott, was höre ich da bei Ihnen im Hintergrund? Sind das
Schüsse?
Schmiedl: Ja, da streiten sich ein paar migrante Lieferanten um einen
Parkplatz.
Häupl: Und die Polizei schreitet nicht ein?
Schmiedl: Die steckt noch in Verhandlungen. Die Polizisten versuchen,
den Lieferanten illegale Parkplätze zu verkaufen. Aber die
Schwarzmarktpreise für Parkplätze sind hier hoch.
Häupl: Die könnten unsere Parkfallen gut gebrauchen. Das sind mit
Selbstschussanlagen bestückte Parkuhren, die das geparkte Auto
blitzen, sobald die Parkzeit abgelaufen ist.
Schmiedl: Solche Anlagen stehen in Bratislava?
Häupl: Noch nicht. Sie sind bestellt, aber der Chauffeur sucht schon
seit zwei Monaten einen Parkplatz. Ich glaube, er ist zurzeit in
Rosenheim.
Schmiedl: In Rosenheim gibt es noch Parkplätze? Wenn ich das gewusst
hätte
Häupl: Offiziell nicht. Aber es gibt dort eine gut organisierte
Parkplatzbesetzerszene, die sich erfolgreich dagegen wehrt, ihre
Fahrzeuge von den aufgehobenen Parkplätzen zu räumen.
Schmiedl: Ich habe gehört, in Wien plane eine Bürgerbewegung,
Parkplätze langfristig zu besetzen.
Häupl: Deswegen brauchen wir ja auch so dringend die
Halteverbotsschilder und die Strafzettel-Blöcke.
Schmiedl: Hier in Pressburg ist letzte Woche ein großer
Parkplatzschwindel aufgeflogen. Die Stadtverwaltung hat Parkplätze
vermietet, die gar nicht existieren.
Häupl: Da haben unsere Bürger schon mehr Glück mit ihrer Verwaltung.
Wir haben in Hütteldorf ein betreutes Parkfeld für Migranten
eröffnet. Und um die Parkplatzbalance zu halten, kompensieren wir
aufgehobene Parkplätze mit gebührenfreien Parkfeldern in Rumänien.
Zudem gibt es in der Innenstadt ein erstes Parkhaus für
alleinerziehende Mütter. Das bringt uns internationales Interesse.
Schmiedl: Ich habe gehört, ein amerikanischer Milliardär habe
verlauten lassen, er werde demnächst als erster Mensch seinen Wagen
auf dem Mond parkieren. Stimmt es übrigens, dass zu Silvester ein
Bürger gelyncht wurde, weil seine Rakete einen freien Parkplatz
voller suchender Menschen traf?
Häupl: Nein, das ist ebenso ein Gerücht wie die Geschichte, dass
Österreich vom eidgenössischen Bundesrat gefordert habe, Polizeidaten
über Parksünder mit Wohnsitz in der Schweiz an unsere Behörden zu
liefern.
Schmiedl: Ich habe ja schon mehrere Termine beim Amtsrichter
verpasst, weil ich keinen Parkplatz gefunden habe. Dabei ging es
jedes Mal um Parksünden.
Häupl: Die Polizei hat zusammen mit der Apostolischen Nuntiatur in
der Stephansplatzgarage einen beheizten Beichtstuhl eingerichtet, wo
man Parksünden beichten kann.
Schmiedl: Und muss man dann auch Buße tun?
Häupl: Ja, in Form einer Buße, die man bezahlt. Dafür wird man nicht
registriert. Der reuige Parksünder profitiert vom Beichtgeheimnis.
Schmiedl: Kann ich die Parkplatzsuche als Arbeitszeit verrechnen?
Häupl: Aber sicher, tun Sie das. Und jetzt entschuldigen Sie mich,
ich habe auch noch einiges zu erledigen. Meine Stellvertreterin Maria
Vassilakou will eine internationale Parkplatzkonferenz einberufen, um
Strategien zu diskutieren, wie man den Parkplatzsuchverkehr eindämmen
oder wenigstens international koordinieren könnte. Wir suchen nur
noch einen Ort, wo es genügend Parkplätze gibt für all die
Dienstlimousinen.
*)Basierend auf einem Text des Satiremagazins "Nebelspalter"