Im Begutachtungsentwurf der 25. Novelle zur Straßenverkehrsordnung (StVO) sind zwar nur 6 neue Zeichen enthalten, aber diese bieten ein weites Betätigungsfeld für Gemeindepolitiker und Verkehrsjuristen. Im Sinne eines neuen Verständnisses verkehrspolitischer Grundsätze, die der Öffentlichkeit als harmonisches Miteinander der Verkehrsteilnehmer dargestellt werden, sind zahlreiche Änderungen beim Radverkehr und die sogenannte Begegnungszone vorgesehen. Jedenfalls ist eine deutliche Abkehr vom Prinzip der Trennung einzelner Verkehrsarten feststellbar.

Verkehrsberuhigende Maßnahmen haben ihren Sinn und sollen nicht schlecht geredet werden. Das lautstark verkündete Miteinander hat jedoch den (für die Politik) erfreulichen Nebeneffekt, dass man sich in den Gemeinden vieles an Infrastruktureinrichtungen ersparen kann. Wer keine ordentlichen Gehsteige samt Schutzwegen oder ihrem Namen gerecht werdende Radwege mehr bauen will, wird in Zukunft verstärkt die Möglichkeiten von Begegnungszonen oder Radwegen ohne Benützungspflicht ausnutzen. Außerdem wird sich bald kaum noch jemand mit den jeweiligen rechtlichen Konsequenzen dieser unterschiedlichen Varianten auskennen -die Verkehrsteilnehmer, die es angeht, am allerwenigsten. Die bisher gültige These, dass vernünftig gestalteter Straßenraum keiner Schilder bedarf, wird damit verworfen.

Fangen wir bei der Begegnungszone an.Ähnlich der Wohnstraße, bei der Schrittgeschwindigkeit einzuhalten ist, wird ein Bereich mit 20 km/h erlaubter Geschwindigkeit geschaffen. Der schwächere Verkehrsteilnehmer hat jeweils den Vorrang. Andererseits dürfen Fußgänger Kraftfahrzeuge nicht "mutwillig" behindern. Auf Deutsch: ein bisserl behindern darf schon sein. Ist doch lustig. Wenn man die einzelnen Varianten der Verkehrsberuhigung aufzulisten versucht, beginnt es bei der Fußgängerzone, wo Kfz nur in Ausnahmefällen und im Schritt fahren dürfen. Dieser Lösung ähnlich soll nun die Fahrradstraße mit ähnlichen Ausnahmen eingeführt werden. Dann kommt die Wohnstraße, wo Kfz hinein, aber nur auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen.

Danach reiht sich die neue Begegnungszone ein. Die meist verwendete Lösung ist die Verordnung von 30-km/h-Zonen, wovon allein in Wien etwa 200 in den verschiedensten Ausbildungsformen existieren. Im Sinne einer vernünftigen Exekutierbarkeit greifen manche Gemeinden, insbesondere wenn flächendeckende Lösungen verfügt werden sollen (Ausnahme Landesstraßen), zum Mittel der 40-km/h-Zonen (z B. Mödling). Auch 50-km/h-Zonen finden sich außerorts aus Gründen des Umweltschutzes. Die normale Ortsgebietsgeschwindigkeit von 50 km/h hält sich noch im Bereich von Durchzugsstraßen der Landesverwaltung, allerdings auch nicht mehr überall.

Ähnlich vielfältig bis verwirrend sieht es bei den Regelungen für den Radverkehr aus. Zu den Radwegen mit Benützungspflicht mit runder blauer Tafel (an die sich kaum wer hält) kommen nun Radwege ohne Benützungspflicht mit blau-weißer eckiger Tafel hinzu. Das Ganze wird ergänzt um die mit Fußwegen kombinierten Tafeln, der Einfachheit halber gibt es dann noch spezielle Tafeln, wo Fußgänger und Radfahrer miteinander aber durch Markierung getrennt geführt werden. Nicht vergessen werden sollten auch die bereits existierenden Radfahrstreifen (mittels Markierung meist gegen Einbahnen) sowie die Mehrzweckstreifen. Welch weise Voraussicht man seinerzeit bei der Namensgebung des ARBÖ (das R steht für Radfahrer) walten ließ, zeigt sich nun deutlich. Ob bereits Rechtskundekurse für Radfahrer geplant sind, wird noch geheim gehalten.

Wie würde man es im kommerziellen Bereich benennen? Diversifikation der Produktpalette ist das Gebot der Stunde. Maßgeschneiderte Lösungen für moderne Bürger. Vielleicht mag die Grundidee richtig sein, das Problem sind die föderalistisch aufgebauten Verwaltungseinheiten, insbesondere die Gemeinden.Das Hauptmotiv für den Verkehr beeinflussende Maßnahmen ist selten die Verkehrssicherheit, sondern meist simple Lokalpolitik. Das Rauschen des Waldes wird davon zeugen.