Die jüngsten Insolvenzen können getrost als Beispiel und Grundlage für längst überfällige Bemerkungen zum Zustand des Automobilhandels herangezogen werden. Bezeichnenderweise sind viele der insolventen Betriebe in ihrem Markt als "preisaggressive" Anbieter bekannt gewesen. "No na net" waren sie beiihren Importeuren sehr geschätzte Partner. Einer rühmte sich sogar, der "beste Händler" des Netzes gewesen zu sein. Da stellt sich mir die Frage: In welcher Disziplin?

Dieses Prädikat kann nur von Mitarbeitern des Importeurs vergeben worden sein, die ihren persönlichen Nutzen aus preisaggressiven Aktionen ziehen, ohne über die langfristigen Konsequenzen nachzudenken. Viele derer, die uns in den letzten Jahren ein Marktwachstum in kaum vorstellbaren Größen "verkaufen"wollten, sind schon befördert worden und müssen keine Konsequenzen tragen.

Marktmanipulationen am Ende

Diejenigen, die das Pech haben, noch nicht "wegbefördert" zu sein, versuchen nun, ihre Hände in Unschuld zu waschen. Dabei bräuchte man nur ältere Ausgaben der Eurotax AUTO-Information heranziehen und die damaligen Aussagen dieser Branchenteilnehmer zitieren!

Tageszulassungen galten einst als ein taugliches Marketingtool. Jetzt weiß man nicht mehr, wie man aus dem Teufelskreis herauskommt. Plötzlich wird der reelle Markt nur noch auf 270.000 Pkws eingeschätzt - was für eine Erkenntnis, wenn das Geld für Marktmanipulationen nicht mehr vorhanden ist!

Die Folgen der Prahlerei

Für mich befinden wir uns nicht in einer Finanzkrise, sondern vielmehr allgemein und grundsätzlich in einer Sinnkrise mit all ihren Auswirkungen und Konsequenzen. Der schnelle Erfolg ist selten anhaltend und hinterlässt meist nur verbrannte Erde, wie wir derzeit leidvoll erfahren müssen.

Jetzt, in dieser Situation nach einer staatlichen Unterstützung in Form einer neuen Auflage der "Verschrottungsprämie" zu rufen, finde ich dreist. Denn wir haben mit den dargestellten "Rekordjahren" auch noch mediale Prahlerei betrieben - aber vornehme Zurückhaltung war der Automobilbranche Sache noch nie.

Der Realität ins Auge blicken

Das Ergebnis sind finanzmarode Händlernetze und rabattverwirrte Kunden, welche die Auswirkungen beim nächsten Autoeintausch finanziell spüren werden. Werke, die aufgrund falscher Marktinformationen zur Überproduktion gezwungen sind, werden wohl demnächst den Betrieb einstellen oder die Bänder auf halbe Kraft zurückfahren müssen. Es ist daher höchste Zeit, eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Managers wieder zu entdecken: Realitäten zu akzeptieren. Und zwar rasch und alle, bitte!

Der Autor dieser Zeilen möchte anonym bleiben; bei Kritik oder Zustimmung erreichen Sie ihn aber per E-Mail unter insider@autoundwirtschaft.at