Jahrzehnte hindurch war sie so etwas wie die "Verfassung" des Autohandels. Doch ab dem 1. Juni 2013 wird alles anders. Danach gibt es keine eigene europäische Regelung für den Kfz-Handel mehr. Dann hat sich die Branche an den allgemeinen kartellrechtlichen Bestimmungen für Handelsunternehmen, der "Schirm-GVO", zu orientieren. Die Neuregelung ist seit Mai 2010 bekannt, seit damals wurde viel darüber geschrieben, warum die "Händlerschutzbestimmungen" verloren gingen. Weniger beachtet wurde, dass die "alte" Kfz-GVO das Recht der Hersteller, Kfz-Händler in ihrer Wettbewerbsfreiheit zu beschränken, grundsätzlich auf Neufahrzeuge und Original-Ersatzteile beschränkt hatte. Jetzt dürfen Kfz-Hersteller und deren Generalimporteure (unter denin der Verordnung geregelten Bedingungen) Kfz-Händler auch beim Vertrieb von anderen Produkten als Neufahrzeugen und Original-Ersatzteilen an klare vertragliche Vorgaben binden. Die Kfz-Produzenten und ihre österreichischen Generalimporteure haben bereits in der Vergangenheit durch den über die totale Vernetzung ermöglichten Zugriff alle Daten des Kfz-Händlers gesehen: vor allem, welche Geschäftsbereiche interessante Umsatzerlöse - insbesondere aber positive Deckungsbeiträge - erwirtschafteten. So wurden Händlerspannen beim Verkauf von Neufahrzeugen zunehmend von Zusatzleistungen abhängig gemacht oder von Faktoren beeinflusst, auf welche der Handel wenig bis geringen Einfluss hatte. Nun wird es allerdings nicht mehr lange dauern, bis der Gebrauchtwagenhandel die Fantasie und die Begehrlichkeit der Kfz-Produzenten wecken wird. Schließlich erwirtschaften Händler damit positive Deckungsbeiträge. Der auf dem österreichischen Markt führende Produzent, die Volkswagen-Gruppe, hat sich beispielsweise die Marke "Weltauto" sichern lassen. Durch entsprechende Werbung und zusätzliche Vermarktung über eine Website lässt sie sich zu einer "starken" Marke entwickeln. Was derart beginnt, kann sich zu einer Exklusivbindung, also der Verpflichtung auswachsen, Gebrauchtfahrzeuge ausschließlich über diese Schiene zu vermarkten. Ist ein Kfz-Händler erst einmal fest im markengebundenen Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen verankert, wird er es nicht vermeiden können, dass er kräftig zur Kassa gebeten wird. Wenn der Vertragshändler aber keinen Einfluss mehr darauf hat, über welche Internet-Plattformen er seine Gebrauchtfahrzeuge verkaufen darf oder zu welchen Preisen er die bei ihm eingetauschten Gebrauchtfahrzeuge verkaufen kann, geht nicht nur ein Stück unternehmerischeFreiheit, sondern auch eine Basis für den wirtschaftlichen Erfolg verloren.«