Mit dem 31. Mai 2013 geht ein wichtiges Kapitel in der Geschichte des
Kfz-Handels zu Ende - die GVO. Dadurch kommen auf die Branche und
ihre Interessenvertretung wieder einmal spannende Zeiten zu.
Gastautor Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Wien und
Honorarprofessor für Wettbewerbsrecht an der Universität Linz,
erklärt, warum.
Jahrzehnte hindurch war sie so etwas wie die "Verfassung" des
Autohandels. Doch ab dem 1. Juni 2013 wird alles anders. Danach gibt
es keine eigene europäische Regelung für den Kfz-Handel mehr. Dann
hat sich die Branche an den allgemeinen kartellrechtlichen
Bestimmungen für Handelsunternehmen, der "Schirm-GVO", zu
orientieren. Die Neuregelung ist seit Mai 2010 bekannt, seit damals
wurde viel darüber geschrieben, warum die "Händlerschutzbestimmungen"
verloren gingen. Weniger beachtet wurde, dass die "alte" Kfz-GVO das
Recht der Hersteller, Kfz-Händler in ihrer Wettbewerbsfreiheit zu
beschränken, grundsätzlich auf Neufahrzeuge und Original-Ersatzteile
beschränkt hatte. Jetzt dürfen Kfz-Hersteller und deren
Generalimporteure (unter denin der Verordnung geregelten
Bedingungen) Kfz-Händler auch beim Vertrieb von anderen Produkten als
Neufahrzeugen und Original-Ersatzteilen an klare vertragliche
Vorgaben binden. Die Kfz-Produzenten und ihre österreichischen
Generalimporteure haben bereits in der Vergangenheit durch den über
die totale Vernetzung ermöglichten Zugriff alle Daten des
Kfz-Händlers gesehen: vor allem, welche Geschäftsbereiche
interessante Umsatzerlöse - insbesondere aber positive
Deckungsbeiträge - erwirtschafteten. So wurden Händlerspannen beim
Verkauf von Neufahrzeugen zunehmend von Zusatzleistungen abhängig
gemacht oder von Faktoren beeinflusst, auf welche der Handel wenig
bis geringen Einfluss hatte. Nun wird es allerdings nicht mehr lange
dauern, bis der Gebrauchtwagenhandel die Fantasie und die
Begehrlichkeit der Kfz-Produzenten wecken wird. Schließlich
erwirtschaften Händler damit positive Deckungsbeiträge. Der auf dem
österreichischen Markt führende Produzent, die Volkswagen-Gruppe, hat
sich beispielsweise die Marke "Weltauto" sichern lassen. Durch
entsprechende Werbung und zusätzliche Vermarktung über eine Website
lässt sie sich zu einer "starken" Marke entwickeln. Was derart
beginnt, kann sich zu einer Exklusivbindung, also der Verpflichtung
auswachsen, Gebrauchtfahrzeuge ausschließlich über diese Schiene zu
vermarkten. Ist ein Kfz-Händler erst einmal fest im markengebundenen
Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen verankert, wird er es nicht vermeiden
können, dass er kräftig zur Kassa gebeten wird. Wenn der
Vertragshändler aber keinen Einfluss mehr darauf hat, über welche
Internet-Plattformen er seine Gebrauchtfahrzeuge verkaufen darf oder
zu welchen Preisen er die bei ihm eingetauschten Gebrauchtfahrzeuge
verkaufen kann, geht nicht nur ein Stück unternehmerischeFreiheit,
sondern auch eine Basis für den wirtschaftlichen Erfolg verloren.«