Wenn man, aus der lauten Bundeshauptstadt kommend, von der Autobahn abfährt, wirkt sie fast lauschig, die Klagenfurter Industriezone. Die helle Fassade gibt dem ebenerdigen Familienbetrieb eine dezente Note, das Gebäude schmiegt sich eher unauffällig in die ziemlich grüne Umgebung. Das ist reine Absicht, denn das Understatement ist Firmenphilosophie.

"Wir sind", bestätigt Elisabeth Görner, Unternehmerin und Geschäftsführerin des gleichnamigen Kartonagen-Betriebes, "in der Öffentlichkeit nicht präsent." Also: keine Seitenblicke-Gesellschaft, kein Bussi-Bussi-Publikum. Für ein Unternehmen wie Görner, das seit über achtzig Jahren in der Faltschachtelindustrie tätig ist, zählen andere Werte. "Handschlagsqualität", sagt Görner, und die habe sie von ihrem Vater gelernt. "Kunden, denen das nicht wichtig ist", erklärt sie nüchtern, "die haben wir nicht mehr." Das klingt souverän und selbstbewusst, ohne jedoch großspurig zu wirken.

Denn Görner, deren Beine Model-Maße haben, ist eine taffe Unternehmerin, die flache Management-Strukturen schätzt und auch scheinbaren Kleinigkeiten Aufmerksamkeit widmet. Als der Fotograf die zusammengestellten Konferenztische für seine Aufnahmen auseinander zieht, beanstandet sie nach kurzer Fingerprobe: "Da ist Staub dazwischen, das geht nicht." Man merkt förmlich, wie sie Derartiges auf ihrem geistigen Notizblock speichert, um es bei passender Gelegenheit abzurufen. Dass ihr diese Materie mittlerweile so vertraut ist, ist ihr nicht in die Wiege gelegt worden.

Denn Görner hat sich nur zögerlich dazu entschlossen, als eine von drei Töchtern den Kartonagen-Betrieb in Kärnten zu übernehmen. "Mein Vater", erinnert sie sich an frühere Zeiten, "war sehr präsent." Das Unternehmen fertigt die unterschiedlichsten Behältnisse wie etwa Kartons, in denen Joghurts geliefert werden, Schuh-Schachteln oder die entsprechende Verpackung für Auto-Scheibenwischer.

Görner heuerte nach der Schule in Klagenfurt als Flugbegleiterin bei der Lufthansa an, besah sich die Welt, um schließlich pragmatisch festzustellen: "Ich will nicht mehr in der Luft servieren." Sie verließ die Airline, übersiedelte nach Wien und begann, als freiberuflich tätige Journalistin zuarbeiten. Wien gefiel und gefällt ihr noch heute: "Das ist eine tolle Stadt."

Mittlerweile hatte der Vater längst signalisiert, sich zurückziehen zu wollen. Aber erst ein Gespräch mit einem väterlichen Freund gab den Ausschlag, als er - nachdem sie ihn um Rat gefragt hatte - die entscheidende Frage stellte: "Was machen Sie noch hier?"

Sie fuhr nach Klagenfurt zurück, übernahm 2006 die Geschäftsführung des Betriebes und wollte fortan zwei Fragen beantwortet wissen: "Warum bestellen die Kunden bei uns?" und "Was macht Görner aus?" Letzteres beantwortet sie heute so: "Wir sind ein bodenständiger Industriebetrieb, der sich nach außen geöffnet hat." Undnach unzähligen Kundengesprächen glaubt sie zu wissen, was an Görner geschätzt werde: Es sei die Zuverlässigkeit, der Service und der Preis. Der Betrieb, der einst mit Bierdeckeln aus handgeschöpfter Pappe den heimischen Markt eroberte, hat sich zwischenzeitlich zu einem Unternehmen mit 110 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 13 Millionen Euro entwickelt. Außer einer 10.000 Quadratmeter-Produktionsfläche im heimischen Klagenfurt hat sie jetzt auch ein zweites Standbein in Rumänien geschaffen, das vorwiegend für die technische Industrie produziert. "Ich habe", sagt Görner und schaut zufrieden auf den zuvor kritisierten Tisch im Besprechungszimmer, "mittlerweile mein Plätzchen gefunden."«