Wenn jemand um drei Uhr morgens in seinem eigenen Betrieb auftaucht, um nach dem Rechten zu sehen, ist er entweder Bäcker oder Unternehmer. Gerhard Ströck ist beides. Einerseits Brötchengeber für rund 1.650 Mitarbeiter, die im vergangenen Jahr einen Umsatz von über 100 Millionen Euro erarbeiteten, ist er andererseits auch der bodenständige Bäckermeister geblieben, der täglich um drei Uhr nachts zwischen Mehl und Butter anzutreffen ist. "Wir leben Handwerk", sagt er und beweist mit einem herzhaften Biss in die süße, mit Nüssen gefüllte Kreation namens "Omas Kipferl" den kulinarischen Einfluss des Burgenlandes. Von dort kommt er her. Und deshalb ist auch ein Großteil des Getreides, das bei Ströck verarbeitet wird, aus dem östlichsten Bundesland. Die Ströcks stammen aus Kittsee, einer 2.000-Seelen-Gemeinde im Bezirk Neusiedl am See. Vor über 40 Jahren übersiedelten sie nach Wien, 7 Jahre später erkrankte der Vater und Gerhard übernahm als blutjunger Bäcker und Konditor den elterlichen Betrieb samt 8 Mitarbeitern. Damals war er 19. Vielleicht mit ein Grund, warum er schon früh bereit war, auch seinen mittlerweile erwachsenen Kindern Verantwortung innerhalb des Unternehmens zu übertragen.

Zwei seiner drei Söhne sitzen mit ihm gemeinsam im kleinen, aber herrlich duftenden Büro in Wien-Donaustadt, das - mit einer Glaswand versehen - den Blick auf die Brot und Gebäck backende Mannschaft freigibt. Auch wenn die meisten Arbeitsgänge in Bäckereien heute durch Maschinen automatisiert sind, werden bei Ströck die einzelnen Zutaten händisch eingegeben. "Wenn einer zu wenig Butter nimmt", sagt Ströck, "dann schmeckt man das gleich." Natürlich gebe es ein Stockwerk höher repräsentative Büroräume, "aber wir wollen mitten unter den Leuten sein".

Das klingt sympathisch und man spürt: Hier ist Eigentum noch Verpflichtung. Denn die Eigentümer sind Familienmitglieder und am Ort ihrer Tätigkeit verwurzelt, mit der lokalen Gemeinschaft verbunden als Arbeitgeber, Lieferanten, Kunden. Auch die Söhne Christoph (im Bild links) und Philipp im Bild rechts) vermitteln keinesfalls den Eindruck abgehobener Schnösel.

Im Gegenteil. Als etwa der für Filialen zuständige Mitarbeiter zur Tür hereinkommt und den Chef fragt, wen er wegen Krankheit eines Mitarbeiters zum Ausräumen einer alten Bäckerei noch nominieren könne, meldet sich Christoph, der das Gespräch mitgehört hat, sofort: "Klar, ich mach mit." Derartiges freut den Vater, weiler merkt, dass sich "die Buben" für nichts zu gut sind. Längst arbeiten im Familienimperium außer Gerhard auch dessen Bruder Robert, die beiden Ehefrauen Gabriele und Irene sowie Gerhards Söhne. Die Expansion des Unternehmens wird laufend vorangetrieben und die Produktpalette, die vom Aborigines-Weckerl über Vollkorn-Citrusbrot, Schafkäse-Olivenciabatta oder Käsestangerl bis zum Zwiebelbrot reicht, wächst laufend.

Ströcks Antennen funktionieren perfekt und sind -wie bei einer Satellitenschüssel - auf Dauerempfang. Das Unternehmen ist Vorreiter und Ideengeber für Bio-Produkte, siedelt seine Filialen ausschließlich in Hochfrequenzlagen an und ist erfolgreich als Sponsor im österreichischen Spitzensport tätig.

"Denn Stillstand", erklärt Ströck seine Firmenphilosophie, "ist Rückschritt."«