Jemand wie sie lümmelt nicht einfach herum; jemand wie sie, der zur Disziplin erzogen wurde, hat wahrscheinlich auch keine Freizeit. Oder, wie sie einmal in einem Interview sagte, nur ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich eine solche gönnt. Besitzt also jemand wie sie, die stets perfekt gestylt in der Öffentlichkeit auftaucht, so etwas wie einen Jogginganzug? Sie bleibt die Antwort schuldig, lacht nur herzhaft. Elisabeth Gürtler, die Dreifaltigkeit aus Disziplin, Fleiß und Perfektion sitzt inmitten des in leuchtendem Grün gehaltenen Restaurants "Anna Sacher" und bestellt "Kaffee mit Schlag". Das verwundert bei jemandem, der höchstens Kleidergröße 34 trägt. "Ja", sagt sie bestimmt und gibt damit auch ihr Lebensmotto vor, "bei mir gibt es nur ganz oder gar nicht."

Gar nicht, würde man sagen, was den legeren Look betrifft. "Ach wissen Sie", erklärt sie lächelnd, "ich bin doch früher ein Horse-Girl gewesen, also dauernd im Stall." Das ist wahrscheinlich Muße genug, wenn man Elisabeth Gürtler heißt, das Sacher-Reich managt und reiten bereits das Lässigste ist, was man in seiner Freizeit tut.

Im Berufsleben hingegen hat sie sich ihren Weg zum Erfolg selbst beinhart vorgegeben: Er besteht aus harter Arbeit und professioneller Disziplin -Charaktermerkmale, die gern als Tugenden beschrieben werden. Und sie hat das, was man im Wienerischen oft als "richtiges G"spür" bezeichnet. Sie ist Querdenkerin, Vordenkerin und vor allem Vorausdenkerin - sie antizipiert. "Ich betreibe", erklärt sie ihren Unternehmensstil, "Management by Exception." Was wörtlich "Führen nach dem Ausnahmeprinzip" bedeutet. Soll heißen: Bestimmte Aufgabenbereiche werden an die untereFührungsebene delegiert. Werden diese nicht erfüllt oder entsteht eine Abweichung vom Unternehmensziel, dann erst greift Gürtler ein. Gutachten zu allem und jedem brauche sie ebenso wenig wie die vielen Meetings, meint sie. Sie lasse sich, wenn sie von etwas überzeugt sei, "auch nix dreinreden".

Der Erfolg gibt ihr recht. Sie hat das "Unternehmen Sacher", das Hotels der Luxusklasse in Wien und Salzburg betreibt sowie Cafés in Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz, vom traditionsbeladenen, plüschigen Image befreit und zu einem modernen Betrieb umfunktioniert. Das Hotel visà-vis der Oper hat sie innerhalb von acht Jahren vom Dach bis zum Keller komplett erneuert. Ihre Einstellung zum Begriff Tradition ist kompromisslos. "Tradition", sagt sie, "ist doch nur eine Art von Rechtfertigung, dass ich nichts Neues tu.""Das Sacher heute", erklärt sie, "gestaltet die Tradition von morgen."

Das mehr als 200-Millionen Euro schwere Torten- und Hotelimperium gehört Gürtlers Kindern Alexandra und Georg. Peter Gürtler, ihr geschiedener Mann und Eigentümer des Hotels, hatte Selbstmord begangen und den gemeinsamen Kindern alles hinterlassen. Die beiden waren damals noch minderjährig und Gürtler übernahm als "Zwischenlösung". Das war vor 21 Jahren. "Ichhabe", meint sie kokett, "zumindest nichts kaputt gemacht." Spätabends, wenn sie nach Hause kommt, sei sie einsilbig. Mit ihrem Mann, dem Schauspieler Helmut Lohner, spreche sie nicht über ihren Arbeitsalltag. "Nein", sagt sie entschieden, "er hat ja von Hotellerie keine Ahnung." Und umgekehrt? Wenn er abends kommt, dann fragt sie ihn, wie die Probe im Theater gewesen sei. "Und er sagt dann, na ja." Sie sei, gesteht sie dann, "sprechfaul". Eigentlich verständlich.«