Die Winterreitschule, unter Kaiser Karl VI. von Joseph Emanuel Fischer von Erlach als Teil der Wiener Hofburg erbaut, gilt als ein Meisterwerk spätbarocker Baukunst. Leicht erklärlich, dass dieses Bauwerk eine entsprechende Ausstrahlung hat. Bis zum heutigen Tag erlebt der Besucher die Präsentation der Hengste im vollkommenen Gleichklang von Reiter und Pferd in dieser unvergleichlichen Reithalle als einen Teil österreichischer Kultur. Die Tradition der Ausbildung und Reitkunst der Spanischen Hofreitschule geht auf die Lehren des griechischen Feldherrn Xenophon um 400 v. Chr. zurück. Auch heute noch wird durch mündliche Überlieferung vom erfahrenen Oberbereiter an den Jüngeren dieses überlieferte Wissen weitergegeben. Ein guterBereiter ist jener, der Pferde ausbilden und als guter Lehrer sein Wissen auch vermitteln kann. So bleibt die Qualität der Ausbildung erhalten und bewahrt die Hofreitschule als Kulturerbe mit einer lebendigen Tradition, für die diese Institution Weltruf genießt.

Mit 1. Jänner 2001 hat die Republik Österreich einen zukunftsweisenden Schritt in der Geschichte der Spanischen Hofreitschule gesetzt. Gemeinsam mit dem Gestüt Piber ist ein eigenständiges Unternehmen gegründet worden. Diese traditionsreiche Institution wurde so ausgestattet, dass eine wirtschaftlicheEntwicklung möglich ist, ohne das kulturelle Erbe zu gefährden.

Derzeit werden in Wien 72 Schulhengste gehalten, die im Jahr etwa 70 klassische Vorführungen der hohen Schule der Reitkunst präsentieren. 280.000 Besucher bewundern allein in Wien jedes Jahr das Können des sogenannten "Weißen Balletts". Außerdem wird durch jährliche, internationale Tournee-Tätigkeit der Ruf der Spanischen Hofreitschule durch Gastauftritte in der ganzen Weltlebendig gehalten.

Die besten Hengste wurden für den Wiener Hof ausgewählt. Sie waren unverzichtbarer Bestandteil des Lebens am Kaiserhof. Das "Karster Hofgestüt" war von 1580 bis 1915 Privatgestüt des österreichischen Kaiserhauses. 1920 wurde der in Österreich verbliebene Teil der Originalherde nach Piber, etwa 45 km westlich von Graz, überstellt. Hier werden auch jetzt noch die direkten Nachkommen der alten kaiserlichen Herde gezüchtet. Die Bezeichnung Lipizzaner wurde übrigens erst im frühen 19. Jahrhundert gebräuchlich, bis dahin hießen diese Pferde "spanische Karster", ein Hinweis auf ihr edles spanisches Blut.

Gestütsleiter Dr. Max Dobretsberger: "Die Aufgaben des Lipizzanergestütes sind heute vielfältig. Dazu zählen Zuchtplanung, Geburtsüberwachung und Aufzucht, Bereitstellung der Hengste für die Spanische Hofreitschule, Leistungsprüfung der Jungstuten im Gespann und unter dem Sattel und die fachkundige Betreuung der Besucher im Gestüt."

Für Gäste ist das Gestüt sieben Tage in der Woche geöffnet. Informationsstationen führen durch das Gestütsgelände und die Stallungen. Für die jüngeren Pferdeliebhaber wurde rund um Schloss und Stallungen ein eigener Kindererlebnisweg eingerichtet.

Dobretsberger: "Die zentrale Aufgabe des Gestütes Piber besteht in der nachhaltigen Sicherung der Lipizzanerzucht. Es ist das wichtigste Ziel, Nachkommen aller klassischen Stutenfamilien in genügend großer Anzahl zu erhalten und zu züchten. 2002 ist es gelungen, alle klassischen Stutenfamilien wieder in Piber anzusiedeln, womit die Voraussetzungen für die Erhaltung des klassischen Barocktyps des Lipizzaners geschaffen worden sind."

Derzeit werden in Piber rund 240 Lipizzaner gehalten. Allein die Stutenherde besteht aus rund 70 Pferden. 2011 wurden 31 Fohlen geboren.«