Rückgang der Neuwagen-Verkäufe, Rückgang der Kundenfrequenz, rückläufige Händler- und noch rückläufigere Marken-Loyalität, Zuwachs bei Online-Verkäufen: Viele Einschätzungen über die Kfz-Branche in den vergangenen Jahren waren nicht gerade ermutigend für die Betriebe. Dabei scheint sich das Blatt in vielen Bereiche zu wenden, viele Entwicklungen passieren langsamer, manche drehen sich komplett. Faktum ist: Der persönliche Kontakt (und damit der regionale Ansprechpartner) ist beim Autokauf unverändert wichtig, oder hat sogar wieder etwas an Bedeutung gewonnen. Dabei geht es nicht um digital oder analog, es geht um eine hybride – auch phygital genannte – Customer Journey, bei der digitale Informationen und Touchpoints mit physischem Kontakt – möglichst nahtlos – verbunden werden. Fast jeder Kunde informiert sich heute online, bevor er ins Autohaus kommt. Selbst wenn es der Verkäufer nicht gerne zugibt: Bei dem vom ihm präferierten Modell kennt sich der Kunde im Detail oft besser aus. Dennoch möchte der Konsument die zweitteuerste Entscheidung nach dem Wohn Eigentum nicht vor dem Bildschirm treffen, sondern sehen, riechen, spüren und Probe fahren, die Entscheidung mit einem Profi besprechen und Vertrauen aufbauen für das, was parallel bzw. nach dem Kauf passiert, von Finanzierung und Versicherung, über Auslieferung bis zu Reklamationen und Service. 
Die große Ausnahme betreffend die Vorentscheidung ist momentan übrigens der Antrieb: Hier braucht es mangels Erfahrung und Praxiswissen am ehesten noch die externe Beratung. 

2,5 Besuche bis zum Kauf

Im Schnitt kommt der Kunden heute 2,5 Mal ins Autohaus, bevor er den Kaufvertrag unterschreibt. Das geben die befragten Unternehmer im aktuellen Händler-Trend Barometer Österreich (Seite 14) an. Von der Situation, dass der Kunde gleich beim ersten Besuch unterschreibt, sind wir also noch ein Stück entfernt. Vielmehr konnte – so die Zahlen aus dem DAT-Report für Deutschland – „der Automobilhandel seine Rolle als wichtigste Anlaufstelle weiter ausbauen“. Auch der Anteil jener Kunden, die ihren Händler weiterempfehlen, ist in Deutschland von 2023 auf 2024 von 87 auf 91 Prozent gestiegen.
Dabei mag es durchaus sein, dass der Autoverkäufer betreffend Modell- und Ausstattungs-Entscheidung an Bedeutung verloren hat, dafür hat er sie rund um den gesamten Kaufprozess gewonnen. Der Kunde weiß zwar ziemlich genau, was er möchte, aber die komplexe Konfiguration abzuschicken, damit das Fahrzeug dann tatsächlich genauso kommt. wie man es möchte, das soll dann bitte lieber der Profi tun. Auch wenn nach der Übernahme etwas nicht funktioniert, möchte man einen verlässlichen Ansprechpartner. 

Finanzierung und Versicherung

Deutlich weniger als bei der Entscheidung für Modell, Ausstattung und Farbe hat sich der Kunde außerdem mit der Finanzierung und mit der Versicherung beschäftigt, beim Gebrauchtwagen kommt noch das Thema Garantie dazu. In all diesen Fällen kann der Verkäufer punkten, den Kunden vielleicht positiv überraschen. 
Eine attraktive Finanzierung, eine Versicherung mit kompletter Abwicklung im Haus: Viele Kunden schätzen Gesamtpakete, Stichwort Convenience. Für das Autohaus bringen diese Zusatzleistungen direkte Erträge und vor allem die wichtige Kundenbindung. Denn der Kunde soll gar nicht auf die Idee kommen, beim Thema Auto woanders hinzufahren. Wenn alles passt, tut er das zumeist auch nicht!

Betreuung nach dem Kauf

Die Betreuung verschiebt sich aufgrund der hohen Komplexität der Fahrzeuge heute ein Stück in die Zeit nach dem Kauf. Das, was der Konsument kauft, sucht er gerne im Internet aus, wie man es bedient, lässt er sich dann gerne von einem (netten) Verkäufer erklären.
Hier liegt auch die Chance auf weitere Kundenbindung. Wenn der Kunde mit Bedienungsthemen in den Betrieb kommt, wird er das auch bei Service und Reparatur tun, selbst nach der Garantiezeit. Und auch im Schadenfall, selbst wenn es nur der Steinschlag in der Windschutzscheibe ist, sollte er in den ausliefernden Betrieb zurückkehren. Hier hilft im Übrigen die Versicherungsvermittlung (ab Seite 33 dieser Ausgabe).
Dabei dürfen wir nicht vergessen: Der Kunde möchte gerne dort zum Service kommen, wo er das Fahrzeug gekauft hat. Bis auf ein paar Pfennigfuchser und Sparefrohs, die sich für jede Dienstleistung den (vermeintlich) günstigsten Anbieter suchen, sind hier die Chancen vorhanden.

Kunde kommt gerne zum ausliefernden Händler

Sofern er gut betreut wird und das Gefühl hat, der Preis ist in Ordnung, kommt er mit dem neuen bzw. dem neuen gebrauchten Auto auch wieder zum ausliefernden Händler. Finanzierung, Versicherung, Garantie, Wartungspakete, eingelagerte Reifen oder sogar Gutscheine für so manche Leistung können in der so wichtigen Kundenbindung helfen. 

Letztlich geht es nicht nur um die Customer Journey, sondern sehr stark um die Customer Experience. Klar, die „Reise“ zum Kfz-Betrieb darf nicht holprig verlaufen, muss in viele Bereichen digital und problemlos erfolgen. Entscheidend ist dabei die Erfahrung, die Begeisterung, die positive Überraschung vor Ort. Digital muss funktionieren, persönlich muss überzeugen.